Freitag, 8. Mai 2009

Erfolgreiche Petition gegen Internetsperren

Am heutigen Freitagmorgen kurz nach 01:00 Uhr hat die 50.000 Person die Petition "Internet - Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten" unterzeichnet. Nach nicht einmal 70 Stunden! Damit muss nun die Hauptpetentin Franziska Heine vom Bundestag angehört werden.

Schlimm ist allerdings trotzdem, dass Politiker wie Wirtschaftsminister von Guttenberg anscheinend weder den Text der Petition gelesen, geschweige denn ihn verstanden haben! Kurz zur Erinnerung:
Text der Petition
Wir fordern, daß der Deutsche Bundestag die Änderung des Telemediengesetzes nach dem Gesetzentwurf des Bundeskabinetts vom 22.4.09 ablehnt. Wir halten das geplante Vorgehen, Internetseiten vom BKA indizieren & von den Providern sperren zu lassen, für undurchsichtig & unkontrollierbar, da die "Sperrlisten" weder einsehbar sind noch genau festgelegt ist, nach welchen Kriterien Webseiten auf die Liste gesetzt werden. Wir sehen darin eine Gefährdung des Grundrechtes auf Informationsfreiheit.

Begründung
Das vornehmliche Ziel – Kinder zu schützen und sowohl ihren Mißbrauch, als auch die Verbreitung von Kinderpornografie, zu verhindern stellen wir dabei absolut nicht in Frage – im Gegenteil, es ist in unser aller Interesse. Dass die im Vorhaben vorgesehenen Maßnahmen dafür denkbar ungeeignet sind, wurde an vielen Stellen offengelegt und von Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen mehrfach bestätigt. Eine Sperrung von Internetseiten hat so gut wie keinen nachweisbaren Einfluß auf die körperliche und seelische Unversehrtheit mißbrauchter Kinder.
Und dann bitte einmal anhören, was Herr Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg (CDU) in der Tagesschau dazu sagt:



Der gute Mann ist gerade einmal 37 Jahre alt und daher sollte ihm das Internet eigentlich nicht so fremd sein, wie vielen seiner Kabinettskollegen.

Am 6. Mai stand unter dem Tagesordnungspunkt 3 die "Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen" auf dem Programm. Wer will, kann sich den stenografischen Bericht hier (PDF, ca. 1 MB) herunterladen und durchlesen. Ist aber mehr als anstrengend und zeigt einmal mehr, dass die handelnden Personen nicht wirklich wissen, wovon sie sprechen. Ganz besonders tut sich hier auch Frau Michaela Noll (CDU) hervor. Übrigens Juristin. Online kann man sich die gesamte "Diskussion" auch anschauen:



Markus Beckedahl
von netzpolitik.org hat im Blog auch noch ein schönes, knapp neunminütiges Video über Ursula von der Leyen (CDU) verlinkt. Der Titel dürfte eigentlich schon alles sagen: "Von der Leyen: Viel Show und wenig Konkretes". Hier kommen einige Journalisten, etc. zu Wort und bringen das Leyen-System recht gut auf den Punkt.



Ebenso unglaublich sind teilweise die Antworten der Internetprovider auf Kundenanfragen. Auch hier wieder ein kurzer Verweis auf einen Artikel von Markus Beckedahl von netzpolitik.org. Auch in den Kommentaren findet sich so einiges wieder. Unter anderem der Link auf eine Antwortmail der Deutschen Telekom AG, bei der die internen Mails vorher nicht gelöscht worden sind! Und bei der Vodafone D2 GmbH spricht man auch nur komplett von Zensur!

Monika Griefahn (SPD) hat in einem Interview mit dem Onlineportal golem.de ihre Kabinettskollegen aufgefordert, die Kritik an der derzeit angetrebten Regelung ernst zu nehmen:
"Wir müssen die genannten Kritikpunkte ernst nehmen und sorgfältig überprüfen", fordert sie. Durch das geplante Gesetz werde "eine sensible Grundrechtsthematik tangiert, bei der wir verantwortlich handeln und sorgsam abwägen müssen und uns keine Schnellschüsse erlauben dürfen".
Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte sich ja ebenfalls in dieser Richtung geäußert, gerade auch was Begehrlichkeiten Dritter angehen könnte und wird. Aber das sich Zypries und von der Leyen auch nicht grün sind, ist ja nicht erst seit gestern bekannt.

Ein schöner Vergleich wurde auch noch einmal auf netzpolitik.org veröffentlicht:
“Man stelle sich vor, ein Zeitungskiosk würde verdächtigt, Kinderpornographie zu verkaufen. Die Bundesregierung würde ein Gesetz beschließen, großräumig Straßensperren an allen Zufahrtsstraßen zu diesem Kiosk aufzustellen. Versierte Nutzer, nämlich Fußgänger, könnten den Kiosk zwar weiterhin erreichen, aber die Bundesregierung behauptet, die Straßensperren würden den Zugang erschweren. Und die Behinderung des normalen Straßenverkehrs sei nicht so schlimm, schließlich würden dadurch Kinder gerettet. Hier ist jedem klar: Die Maßnahme ist unverhältnismäßig und besser wäre es, den Kiosk zu schließen und den Ladenbesitzer zur Rechenschaft zu ziehen. Ähnlich verhält es sich mit den geplanten Internet-Sperren. Da die Verbreitung über Server in den USA und Westeuropa einschließlich Deutschland geschieht, wäre es ein Leichtes, diese abzuschalten, anstatt eine unwirksame Sperre zu erzwingen. Wir fordern daher die Bundesregierung auf, die Bedenken der Experten endlich ernst zu nehmen und effektiv gegen Kindesmissbrauch vorzugehen anstatt internetfeindliche Symbolpolitik zu betreiben.”
Gesagt hat dies Alvar Freude vom Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft. Und das trifft es glaube ich ganz gut. Jörg-Olaf Schäfers hat auf netzpolitik.org zudem noch zwei Links als Argumentationshilfe veröffentlicht.

Auch berichten immer mehr Medien, Blogs, etc. über die Zensurvorhaben bzw. die damit verbundene Problematik der Bundesregierung. Und auch die Petition kann aus meiner Sicht so viele Unterschriften wie nur möglich vertragen. Der Server ist wohl zwischendurch teilweise nicht zu erreichen. Aktuell sind es 56.038 Unterzeichner (08.05.2009, 16:51 Uhr).

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